Werk.

29.01.2003 · Hörwerk.

Supermarkt.

WDR.
Erstveröffentlichung: 29.01.2003
Text und Regie: Marlene Streeruwitz. 58 Min. (Stereo)

„Eine Frau kauft ein. Im Supermarkt trifft sie einen Nachbarn. Der fragt sie, ob ihre Söhne am Wochenende zu Besuch sein werden. Und wie es dem Mann geht. Ja. Sie erwarte die Söhne. Aber man wisse ja nie so genau. Sie muss einen Kuchen machen. Werbeansagen sprechen direkt zu ihr. Ein Gewinnspiel. Eine Reise nach Los Angeles ist zu gewinnen. Sie möchte weg. Weit weg. Alles zurücklassen. Lebensekel. Die Vorstellung eines ganz neuen Lebens. An der Kasse kommt sie hinter dem Nachbarn zu stehen. Vielleicht gehen sie auf einen Kaffee.“ (aus den Ideenskizzen der Autorin zu ihrem Stück)

Hörspiel des Monats Januar 2003 – Begründung der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste:
Marlene Streeruwitz erzählt in ihrem Hörspiel „Supermarkt“ von der Dingwelt des Einkaufens und konfrontiert diese mit der Innenwelt einer Frau mittleren Alters. Das äußere, jedermann vertraute, in der Geräuschkulisse präsente Geschehen mit seinen gleichförmigen Redensarten und Abläufen dient ihr dabei als Projektionsfläche für die weitschweifigen Assoziationen ihrer Protagonistin. Indem Marlene Streeruwitz geschickt mit innerem und äußerem Stückwerk spielt, beweist sie am Beispiel einer heutigen Situation Gespür für die Unfasslichkeiten und Leerstellen des Daseins. Die Eskalationen und Endlos-Schleifen, zu denen sie dabei immer wieder findet, sind Ausdruck einer Suche nach dem, was Individuum und „Welt“ trennen, aber auch verbinden könnte.
Der Umstand, dass Textproduktion und Hörspielumsetzung in einer Hand lagen, war der Gesamtkonzeption offenbar förderlich. Was Marlene Streeruwitz als Autorin sprachlich mehr dekonstruiert als poetisiert, setzt sie als Regisseurin auf sinnlich erfahrbarer Ebene zu einem neuen Ganzen zusammen. Die Mittel – Wiederholung, Rhythmisierung, Phrasierung, teils fugenhafte Verdichtung – stammen aus der Musik. Sie machen „Supermarkt“ zu einer suggestiven und irritierenden, dennoch auch vergnüglichen Symphonie über den Alltag in seinen Tiefen und Untiefen. Handwerklich bewegt sich die Produktion auf hohem Niveau. Die Sprecherleistungen von Renate Schroeter (Frau) und Christian Brückner (Nachbar) sind bemerkenswert.

Mitwirkende:
Frau Renate Schroeter
Nachbar Christian Brückner
Werbeansagen Hüseyin Cirpici
Werbeansagen Brit Gülland