10.2007 · Kolumne.
Kriegsberichterstattung.
Vor ein paar Jahren sagte ein damals erfolgreicher Manager zu mir, ich solle mich doch nicht gegen die Zeit stellen. Er sagte mir allen Ernstes, „Go with the flow, don’t fight the storm.“ Das war, als gerade die ersten Anzeichen der Veränderungen bemerkbar wurden. Es wurde gespart und mit dem Sparargument umstrukturiert. Es gab plötzlich keine Textaufträge mehr. Das könnte man selber machen, hieß es von den bisherigen Auftraggebern und bürdete die Arbeit jemandem im Betrieb auf. Das war, als die ersten Absolventen der Kulturmanagementkurse begannen, den Ablauf von Projekten zu bestimmen und das meiste Geld in die Vermittlung umzulenken. Das war, als die Computerprogramme die Arbeit der Grafiker und Grafikerinnen zu ersetzen begannen und die wiederum dann die ersten waren, die Umschulungen machen mußten. Das war, als die Redakteure zu Zeitungsmachern werden mußten und sich nicht mehr auf das Redakteursein konzentrieren konnten. Die einen mußten sehr viel mehr arbeiten. Die anderen verloren die Rahmenbedingungen, ein Leben außerhalb fixierter Arbeitsbedingungen zu gestalten. Was der Computer den einen an Mehrarbeit brachte, wurde für die anderen zur alles betreffenden Einschränkung. Kontrolle bedeuteten diese Arbeitsbedingungen für alle. Trotzdem gelang es einer neoliberalen Etikettenerstellung, die neuen Selbstständigen als Kategorie zu definieren, deren indirekter Sklavenstatus nicht darstellbar ist.
Vor einigen Tagen hat sich eine junge Frau im vierten Stock auf das Fensterbrett gestellt und ist dann auf die Straße gesprungen. In ihrem Abschiedsbrief macht sie die Verhältnisse für ihren Tod verantwortlich. Die Aussichtslosigkeit ein sinnvolles Leben führen zu können war unter den Umständen der Prekarisierung zu überwältigend. […]