Werk.

03.09.2017 · Texte. Aller Art.

Die letzten Tage der Zweiten Republik. Ankündigung.

03.09.2017

Zum Wahlkampf 2017 kein Wahlkampfroman sondern ein Wahlkampfdrama. Ab 14. September wird jeden Donnerstag um 19.00 Uhr, in Erinnerung an die Donnerstagswandertage des Jahres 2000 gegen die schwarz-blaue Regierung, ein Akt des zu schreibenden Dramas auf die Homepage gestellt.

 

 

 

 

 

Lind. Lau. Und pastellfarbig. So tritt der Wahlherbst 2017 in Österreich auf. Alles ist Oberfläche. Grundstrukturen wie Demokratie oder Sozialpartnerschaft werden in der Art selbstverständlich genommen, in der auf facebook grundlegende technische Veränderungen von allen fraglos nachvollzogen werden. Da ist es dann schon interessant, daß im bürgerlichen Lager einmal parteiintern der Staatsstreich gegen das Demokratische geübt worden ist. Während die Prognosen den nächsten Finanzcrash voraussagen, wird eine dirndltürkise Staatsidylle entworfen, in der „die Leute“ mehr haben sollen, ohne sagen zu müssen, wovon dieses Mehr denn sein soll. Stilfragen und Gefühle dazu. Das war auch in den 30er Jahren schon so. Stilfragen und patriotische Gefühle. Demokratie vergönnte man damals den anderen nicht. Übrigens von keiner Seite. Was damals die gegenseitige Verachtung der Parteien und die Haltung zu Österreich war, das wird heute über therapeutische Rhetorik und die Einstellung zu Europa verhandelt. Die Verachtung ist geblieben. Um dahinter zu kommen, was das alles bedeutet, was da so lind, lau und dirndlfarbig daherkommt, werde ich in künstlerischer Form die Forschung aufnehmen.

28.09.2017 · Drama.

Die letzten Tage der Zweiten Republik.

Erstveröffentlichung: 28.09.2017

Die letzten Tage der Zweiten Republik.

Drama in 3 kurzen Akten mit unabsehbaren Folgen.

 

Personen:

Der Markengründermilliardär Harald Kitzgraber.

Der Bankgruppenpräsident Erwin Bauer.

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende Linda Gruber.

Der politische Freund von Sebastian Kurz, Christopher Günter, 39.

Die Werbeagenturmitarbeiterin Valentina Christian, 31.

Die Werbeagenturmitarbeiterin Roswitha Lorenz, 34.

 


1. Akt.

                                   Der Entschluß.

In der Luxuslounge eines Luxushotels in einem Luxuswinterort.

Es ist der Abend am ersten Tag des Jahres 2017.

 

Der Markengründermilliardär (trinkt Mineralwasser):

„Na?! Alles gut?! Ihr schaut ganz schön mitgenommen aus.“

 

Der Bankgruppenpräsident (sitzt müde da und schaut sein Glas mit Champagner traurig an):

„Ach! Gib doch Ruh! Wie kann man so zappelig sein. Müde ist auch schön.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende (kommt herein. Sie bleibt einen Augenblick stehen. Schaut sich um. Setzt sich):

„Na? Meine Herren? Das neue Jahr…“

 

Der Markengründermilliardär:

„…hat schon Scheiße angefangen.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Na. Na. Was hat dich denn….“

 

Der Markengründermilliardär:

„… Familie. Familie. Familie.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Das klingt ziemlich normal.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Apropos normal. Wie soll das Ganze weitergehen. Ha?“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Mit deinen Frauen? Das mußt du dir schon selber organisieren. Deshalb bist du doch hier.“ (lacht.)

 

Der Markengründermilliardär:

„Erstens geht es da um die Sandra und das ist meine Tochter. Und zweitens meine ich, es geht um unser Land. Der Van der Bellen hat das gerade noch geschafft. Aber das nächste Mal?“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Ich habe keine Angst vor den Blauen. Die wollen auch alle in die Oper.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Nein. Nein. Da hat der Harald schon recht. Für die Wirtschaft ist das ein Scheiß. Das mit der Autochthonie. Keine billigen Arbeitskräfte mehr. Und ohne Flüchtlinge. Da werden die Unsrigen wieder lethargisch. Dann glauben die grad noch, die sind wer.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Nein. Ich kann so ein deutschnationales Gesocks nicht haben. Nein. Wirklich. Die Blauen. Die sind widerspenstig. Die wollen Aggression. Die wollen Unruhe. Da wird alles unordentlich. Die wollen umrühren. Die wollen Krieg. Das ist an sich nicht schlecht. Aber es ist dann halt schwierig, den Überblick zu behalten.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Aber sie sind gegen die Kammern. Die wollen doch auch die Arbeiterkammer wegrasieren.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Aber die wollen das ersetzen. Die wollen ihr eigenes Selbstbewußtsein haben. Das geht nicht. Da kommt so ein Hofer und regiert einfach. Was soll das werden. Ich will nicht in die Hofburg gehen müssen und darum bitten, mein Geld ausgeben zu dürfen. Die sind nicht…. nicht…. Die sind nicht selbstverständlich österreichisch. Verstehst du? Die sind eben nicht österreichisch. Die sind nicht christlich.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Das stimmt. Die kommen ja eigentlich nicht. Also die bezahlen keine Karte. Denen reichen die Videoübertragungen und das Bierzelt.“

 

Der Bankgruppenpräsident (zum Markengründermilliardär):

„Da schaut es aber dann ziemlich blau aus für dich.“ (lacht.)

 

Der Markengründermilliardär: (Wutanfall.)

„Da sag ich dir jetzt etwas. Es ist ganz einfach: Ich will keine Arbeiterklasse mehr sehen. Bis 2020 will ich keine Arbeiterklasse mehr in Österreich sehen. Das ist doch das, worauf diese Blauen rechnen. Eine Unterklasse, die sich selbstbewußt verhält. Ich will das nicht mehr. Ich will auch keine Mittelschicht. Wenn ich die schon sehe. Diese sozialdemokratischen Lebensmodelle. Ins richtige Lokal gehen und die Kinder in die richtige Schule und alles ist gut. Ich will wieder Ziele. Ich will wieder große Ereignisse. Ich will ein Schicksal für dieses Land. Ich will ein Volk, das zusammenhalten muß. Eine Schicksalsgemeinschaft. Einen gemeinsamen Gott. Und österreichisch soll es sein. Musik und schöne Filme und ein Zusammenhalt gegen die Welt. Und nicht so ein materialistisches Herumgetue vom guten Leben und dann tut sich nichts in dieser Welt. Keine Eroberungen. Keine Siege. Keine Höhepunkte.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Aber. Du weißt schon. Ich muß auch die hinteren Plätze besetzen.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Das ist einfach. Du machst es noch exklusiver und für die anderen hast du doch ohnehin deine Freiluftaufführungen. Da stopfst du noch 10 Busse hinein und die Sache hat sich.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Ja, mein Lieber. Wir übertragen aber alle Aufführungen mit Video. Jeder kann da hingehen. Wir sind total demokratisch.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Und da muß ich dir sogar recht geben. Das ist die Demokratie, die ich will. Die kriegen alles und wir treffen die Entscheidungen. Oder laßt du abstimmen, was ihr spielt?“

 

Alle drei lachen.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Ich glaub schon, daß du da etwas triffst. Es fehlt das Schicksal. Es geht allen zu gut. Da ist die Flüchtlingskrise fast ein Geschenk des Himmels. Die nächste Finanzkrise. Ich weiß nicht, ob die da noch einmal die Bankenrettung durchkriegen. Jetzt wissen ja alle, was das kostet.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Das kommt davon, wenn man die Zahlen veröffentlichen muß. Das muß doch niemand wissen.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Aber da gibt es immer welche, die das wissen wollen.“

 

Der Markengründermilliardär (zum Bankgruppenpräsidenten):

„Wie siehst du das. Alles über eine Million. Die können an der Krise verdienen. Alles darunter. Da wird die Staatsgarantie nicht gehalten werden. Ich schätze, die verlieren die Hälfte. Ungefähr.“

 

Der Bankgruppenpräsident (sich räkelnd):

„So ist das. Dafür sparen die Sparer, damit es immer weniger wird. Und mit der Krise ziemlich demnächst…“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Was denn! Seid ihr da so sicher?“

 

Der Bankgruppenpräsident (kindlich erklärend):

„Die Banken. Warum sollen die etwas gelernt haben? Jetzt sind es die Haushaltschulden und nicht der Immobilienmarkt. Das ist doch ein Naturgesetz. Das mit den Krisen und dem Kapital. Da kann man nichts machen. Das weiß doch jedes Kind.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Genau so ist es. Aber jeder muß glauben können, daß er über die Million hinauskommen kann und damit sicher ist. In genau dem Glauben muß man die Leute lassen. Und nicht irgendwelche Vorstellungen, besser als die anderen zu sein. Jeder praktisch ein Aristokrat. Da. Da sehe ich das Chaos und die Revolution. Für mich schaut das alles sowieso nach Arbeiterklasse aus. Das Blaue da. Wenn die glauben, sie sind wer und haben Rechte….“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Aber sag einmal. Du kommst doch selber von da. Wie…“

 

Der Markengründermilliardär (kalt wütend):

„Mittlerweile habe ich genug Geld, das alles zu verachten. Das kann ich mir leisten. Verstehst du. Leisten. Das ist das wichtige Wort.“

 

Der Bankgruppenpräsident (gelangweilt):

„Kannst du uns von deinem Aufsteigersyndrom verschonen? Bitte! Das hilft ja alles nicht. Es laßt sich nichts durchschwindeln. Durch die „parlamentarische Kontrolle“. Nicht leicht. Jedenfalls.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Dann muß man die los werden, die zu viel wissen wollen. Da habe ich es gut. Ich entlasse so jemanden.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Wenn das so einfach…. (Geistesblitz) Du hast es. Mein Gott. Du hast es. (Singt »The rain in spain falls mainly on the plain.« Er lacht und tanzt. Biegt sich vor lachen.)

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Hast du jetzt den Veitstanz?“

 

Der Markengründermilliardär (atemlos vor Lachen):

„Nein. Kein Veitstanz. Eine Erleuchtung. Eine richtig totale Erleuchtung. Man muß. (Er muß wieder lachen) Es ist ganz einfach. (Wieder lachen) Man muß Österreich wie Festspiele regieren. Nicht wie der Schüssel als Kammer der gewerblichen Wirtschaft. Oder der Vranitzky als Bankfiliale und der Gusenbauer als Beratungsinstitut. Nein. Nein. Nein. Festspiele. Ohne Einmischung. Ohne große Unruhe. Alle sind eingeladen. Alle dürfen da hinkommen. Und was gespielt wird. Das bestimmen wir. Und wir wissen ja auch, was richtig ist. Dann braucht es keine Arbeiterklasse mehr. Und keine Mittelschicht. Dann sind alle Publikum und es wird ja auch alles übertragen. Genial. Einfach genial. (sein Handy läutet.) Und wenn ich da nicht drangehen müßte, würde ich dich küssen. Liebe Linda. (er geht hinaus.)

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende: (spielerisch schmollend) „Dann möchte ich aber wieder Aufsichtsratsvorsitzende sein.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Kanst du sein. Kannst du sein. Und du machst es einfach wie bisher.“

 

Der Markengründermilliardär (er kommt zurück. Lächelt. Glücklich.):

„Ha. Sie kommt ja doch. Meine Sandra. Ja! Alles wird gut. Und wißt ihr was? Wir nehmen diesen Kurz.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Diesen jungen Tutter? Das ist nicht dein Ernst?!“

 

Der Bankgruppenpräsident (nachdenklich):

„Na warte. Mit den Blauen. Da hast du recht. Da wird das nicht so einfach. Für die Wirtschaft. Meine ich. Du wirst auch nicht mehr so mit dem Geld rechnen können. Meine Liebe. Die wollen Köpfe rollen sehen und ihre Leute unterbringen. Dann wird das halt ein zweites Bayreuth. Weißt du. Es war doch eh immer die Frage, ob Mozart oder Wagner. Ich bin ja für Mozart. Aber das ist nicht entschieden. Und der Kurz. Der könnte dieses unbestimmt Österreichische wieder hervorholen. Der könnte die ÖVP herumreißen. Untertanen, die sich selber regieren, weil sie es den anderen nicht überlassen wollen. Die sind doch autoritär wie nur. Die Demokratie. Das war doch wirklich eine Zwischenlösung für die meisten. Da könnte so ein unbeschriebenes Blatt….“

 

Der Markengründermilliardär (er textet währenddessen):

„Nein. Wenn ich mir das alles so überlege. Das ist es. Dann haben wir die blauen Kröten weg und es wird wieder unpolitisch. Und in der nächsten Krise. (lacht.) Da müssen sie uns halt vertrauen. Bis dahin sollte das dann die einzige Möglichkeit sein. Wie in alten Zeiten. Das Parlament greint. Und die Regierung regiert. Ich leite das in die Wege.“

 

Der Bankgruppenpräsident (trinkt sein Glas aus und steht auf):

„Ich bin dabei.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Und ich? Was ist mit mir?“

 

Der Markengründermilliardär geht textend aus dem Raum.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Du wirst Alterspräsidentin.“ (er geht dem Markengründermilliardär nach.)

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende bleibt zurück.

 

Vorhang.

 

 

2.Akt.

                                    Die Durchführung.

 

Im Café Landtmann. In der Fensternische gleich links im großen Saal. Frühstück. Mitte Jänner 2017.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Nein. Nein. Das ist schon gut so. Daß er nicht gleich selber verhandeln will. Das finde ich gscheit. Sehr gschickt. Ja. Geschickt. Eigentlich.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Na hören Sie. Es geht ja auch um einiges.“ (lächelt ironisch)

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Nein. Nein. Ich habe gar nichts dagegen. Da können wir Klartext reden. So. Ordentlich.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Würden Sie das mit ihm denn nicht? Würden S’ihn denn anlügen?“

 

Der Bankgruppenpräsident (schaut zum Fenster hinaus):

„Ach wissen Sie. In der zweiten Reihe. Da läßt es sich offener plaudern. Die in der ersten Reihe vorne. Die müssen die Form bewahren. Gar nicht gemütlich. Und ganz ehrlich. Die vorne. Die sollten das glauben können, was sie so sagen.“

 

Ein Kellner kommt an den Tisch. Er trägt zwei Tablettes. Schaut fragend.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Ja. Ja. Wiener Frühstück. Zwei mal. Und für mich gleich noch eine Melange.“

 

Der Kellner stellt die Teller auf den Tisch. Geht.

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz (Er beginnt sein Frühstücksei mit dem Löffelchen aufzuschlagen.):

„Glauben Sie da wirklich daran. So eine Zweistufentheorie?“

 

Der Bankgruppenpräsident (Er hat sein Frühstücksei mit dem Messer geköpft.):

„Doch. Doch. So ein Gespräch wie unseres jetzt. Das hat doch eine Stimmung und die. Die können sie nicht weitererzählen. Nicht so einfach. Jedenfalls. Aber sie werden ihren Freund aus dieser Stimmung heraus beraten können. So eine Stimmung. Das ist ja auch eine Wahrheit.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz (löffelt sein Ei.):

„Also Klartext. Was wollen Sie von ihm. Eigentlich.“

 

Der Bankgruppenpräsident (streicht sich die Buttersemmel):

„Das ist ganz einfach. Ordnung. Ich. Wir. Wir wollen wieder Ordnung. So eine Ordnung von oben nach unten. Verstehen Sie! Die wirtschaftliche Realität als politische Realität. Verstehen Sie?“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz (schaut in seinen Kaffee. Nachdenklich.):

„Aber eigentlich. Faktisch. Faktisch ist es doch so. Ich meine. Das ist doch die Realität. Oder?“

 

Der Bankgruppenpräsident (winkt dem Kellner):

„Nein. Nein. Eben nicht. Das ist nicht die Realität. Schauen Sie doch nur Wien an. Wer da aller redet. Alle diese Beratungen. Mietzinsobergrenzen. Wohnungsbau im Übermaß. Es muß endlich Schluß sein. Mit diesem Roten Wien. Das muß aufgelöst werden und in die Hand der Wirtschaft zurück. Es muß das Wohnen wieder auf den Markt kommen. Die Verkehrsbetriebe. Das Wasser. Kanal. Mist. Das muß alles privatisiert werden. Markt. Freier Markt. Es muß Besitz wieder etwas gelten. Es muß vererbt werden können. Es muß… (zum Kellner, der die Melange bringt). Ja. Stellen Sie das nur da her. (wieder an den politischen Freund von Sebastian Kurz gewandt) Und das ist der richtige Augenblick. Jetzt. Verstehen Sie. Auch international. Die Lösung Kurz wird international als Rettung vor den Rechten gefeiert werden. Wie die Merkel.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Wie sollen wir das verstehen?“

 

Der Bankgruppenpräsident (schiebt die Frühstücksteller zur Seite. Beugt sich über den Tisch. Vertraulich.)

„Schaun Sie. Es muß jetzt sein. Oder nie. Das ist der historische Augenblick. Jetzt. Gerade. Nach der Finanzkrise in der IT Revolution. Verstehen Sie. Ihr Freund übernimmt die ÖVP als Retter und rettet gleich ganz Österreich. So müssen Sie das sehen. Die Leute sind wütend und verzagt. Die Verzagten sind in der Mehrheit. Die muß ihr Freund sich greifen. Dazu muß er denen nur versprechen, daß sie keine Sorgen mehr haben werden. Quasi das ewige Leben schon auf Erden. Nur noch Singen und Lobpreisen und keine Sorgen. Ein einziger großer Pensionistenklub. Schaun Sie. Demographisch sind wir sowieso schon ein Altersheim. Also die einen werden in Sicherheit gewogen und die, die sich nicht anschließen, denen wird der Brotkorb höher gehängt. Es soll sich wieder »aus-zahlen«, in Österreich zur Arbeiterklasse zu gehören. Schaun Sie. Es ist nicht so schwierig. Die Sozis sind verzagt. Die holen Sie sich. Im ORF muß nur noch das Management ausgewechselt werden, dann gehört der Euch. Die Sozialversicherungen legt ihr zusammen und kürzt gleich alle ein. Und Wien wird dereguliert. Großzügig. Vollkommen. Würde ich meinen.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Und was sollte mein politischer Freund davon haben, daß er Ihnen das alles erledigt?“

 

Der Bankgruppenpräsident (Er schaut wieder verträumt auf den Ring hinaus):

„Na. Die Erfüllung seiner Ambitionen. Sie können mir doch nicht erzählen, daß der nicht hinauf will. Und daß der endlich nicht mehr Kompromisse machen will. Schauen Sie. Wir haben ein Schulsystem, in dem lernt man Schulaufsätze schreiben. Das ist die Nachfolge von den Predigttexten. Verkündigung. Wir hier. Wir lernen nur Verkündigung. Wir haben keine Debattierklubs in den Schulen. Wir lernen keine Argumente von anderen akzeptieren. Wir können die nicht einmal hören. Ja. Ja. Schauen Sie nicht so. Ich kann auch selbstkritisch sein. Aber wissen Sie. Das ist nun einmal ein Fakt. Und deshalb hat es gar keinen Sinn, sich eine Demokratie zu wünschen. Schauen Sie sich die SP an. Die haben nie eine Sprache gefunden, mit ihren Leuten zu kommunizieren. Da gehe ich doch lieber zum Eigenen zurück und regiere mit Schulaufsatzverkündigung. Und ich sage Ihnen. Das wird ein Riesenerfolg. Sie machen ein Wischiwaschi-Wahlprogramm und ihr Freund trägt das vor. Wie in der Schule. Beim Aufsatzvorlesen. Im Anzug. Und das wird alle mitreißen. Das kennen die. Das können die einschätzen. Das hat unser Bildungssystem produziert. Das ist österreichisch.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Ich kann mir vorstellen, daß es da Proteste geben würde. Und die alte Partei…“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„… schaun Sie. Schaun Sie. Sie sagen schon »die alte Partei«.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Ja. Das ist mir wirklich so herausgerutscht. Aber trotzdem.“

 

Der Bankgruppenpräsident (lachend):

„Na sicher. Die Wahrheit muß heraus. Aber schaun Sie. Das hat doch der Schüssel schon gezeigt, wie man das macht. Das war ja nie eine demokratische Partei. Und die Protestler. Lassen Sie sie halt spazieren gehen. Die hören schon wieder auf. Aber im Ernst. Das Timing. Wenn ihr knapp vor dem Sommer den Führungsanspruch stellt. Und ich kann mir nicht vorstellen, wer da einsprechen sollte. Es gibt ja niemanden. Und wenn ihr über den Sommer euer Programm langsam veröffentlicht. Dann kriegt Ihr Euren Schwung zusammen. Das trägt Euch drüber. Alles neu. Ihr müßt alles neu machen. Wie gesagt. Ein schöner Schulaufsatz als Wahlprogramm und nachher die Durchsetzung.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Wollen Sie da meinen Freund nicht einfach nur vor Ihren Anti-FP-Karren spannen?“

 

Der Bankgruppenpräsident (freundlich lächelnd):

„Sehr gut mitgedacht. Ja. Das ist auch ein Beweggrund. Das gebe ich gerne zu. Die FP wäre für die Wirtschaft nicht gleich förderlich. Aber genau deshalb müssen wir ja zusammenrücken.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Aber das müßte alles voll unterstützt werden. Mit dem jetzigen Parteivorsitzenden….“

 

Der Bankgruppenpräsident (sehr ernst):

„Mit dem reden wir schon. Da schauen wir, was zu machen ist. Und dann. Seien Sie sicher, daß uns klar ist, was für ein Coup das werden soll. Das ist ein Staatsstreich. Quasi. Und bitte. Vertraut voll auf unsere Unterstützung.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Wer ist »wir«?“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Vertrauen Sie mir. Hinter mir stehen die Eliten Österreichs.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Das mit dem Protest. Das können Sie aber nicht so ohne Weiteres unterbinden.“

 

Der Bankgruppenpräsident (beruhigend):

„Ich verstehe, daß Sie sich Sorgen machen. Aber. Das ist doch ganz einfach. Er tritt als Popstar auf. So wie dieser. Na. Wie heißt der. Sie wissen schon. Der die Bundehymne nur mit den Söhnen singt. Das ist ein Selbstläufer. Die Leute wollen einen Führer, aber keine Erinnerung an damals. Also da kommen Sie ganz einfach an die Macht. Und dann streichen Sie alle Förderungen. Presseförderung? Streichen! Verlagsförderung? Streichen! Beratungsförderung? Streichen! Streichen! Streichen! Da ist dann gleich auch die Arbeiterkammer mit drin. Und diese Frauenförderung. Ich bitte Sie. Alles Unsinn. Und ich sage Ihnen. Nichts werden Sie hören. Sie hören übrigens jetzt schon nichts. Die kämpfen doch nur gegen diesen Bau am Heumarkt. Die trauen sich doch ohnehin schon nichts mehr. Oder haben Sie einen wirklichen Angriff auf die Politik erlebt. In der letzten Zeit. Die sind doch alle vom Staat bezahlt. Die sind mit ihrem Überleben beschäftigt. Das hat der Schüssel schon vorbildlich gemacht. Die geben dann keinen Pieps mehr von sich. Das ist halt dann der Vorteil eines so kleinen Markts. Da sind die alle vom Staat abhängig. Aber das ist es doch, was ich meine. Die wirtschaftliche Realität muß die politische Realität werden. Wer kein Geld hat, der kann auch nichts sagen. Basta. So einfach ist das. Und in Athen war es auch so und da hat das ja auch Demokratie geheißen.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Das geht aber schon sehr weit. Das alles.“

 

Der Bankgruppenpräsident (scharf):

„Also. Wenn Ihr Freund keinen scharfen Wind verträgt, dann sollte er das natürlich besser nicht angehen. (versöhnlich) Wir unterstützen ihn alle. Wirklich. Und so ein Augenblick kommt nie wieder. Historisch. Meine ich. Trump. Nordkorea. Die Terroristen. Die Flüchtlinge. Die Asylanten. Die Roboter. Die Leute sehnen sich nach Ordnung und wir bringen sie ihnen.“

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz:

„Wie immer schon. Die Revolution absolutistisch von oben?“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Na. Sie sind mir einer. Da sitzt er so schön ruhig da und dann. Er stellt sich als Intellektueller heraus. – Aber das gfallt mir. Ich mag keine ungebildeten Leute. Und ich muß jetzt ins Büro zurück. Sie rufen mich auf meiner Festnetznummer an. Ja? Und sagen mir, wie das alles weitergehen soll. Schauen Sie nicht so. Natürlich wird er es machen. So eine Chance! Und die Partei. Die können sich doch nur freuen. Ohne ihn. Die gingen doch nur vor die Hunde. Also. Ich höre von Euch. (Er steht.) Denkt daran. Das liegt alles so da. Man muß nur ernten und jetzt ist der richtige Augenblick. Ein für alle Mal Schluß mit diesen Linken.“

 

Der Bankgruppenpräsident geht davon. Der Kellner kommt und legt dem politischen Freund von Sebastian Kurz die Rechnung hin. Der ist verärgert. Der Kellner geht, die Rechnung holen.

 

Der Bankgruppenpräsident kommt noch einmal zurück.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Sagen Sie. Er geht nicht zufällig jagen? Weil dann könnte ich ihn gleich einladen.“

 

Der politische Freund verneint.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Das habe ich mir schon gedacht. Ich höre von Ihnen.“

 

Er geht davon und winkt. Der Kellner bringt die Rechnung.

 

Der politische Freund von Sebastian Kurz (zum Kellner):

„Bringen S’mir noch einen Espresso. Und rechnen S’ihn halt noch dazu. Danke.“

 

Vorhang.

 

 

3. Akt.

                                    Das Ergebnis.

 

Auf dem Rauchbalkon der Werbeagentur. Beide Frauen nippen am Kaffee in ihren Kaffeebechern von Starbucks.

 

Valentina:

„Hast du ihn schon einmal gesehen.“

 

Roswitha:

„Nein. Komisch. Gell? Für jemanden die Kampagne schreiben, ohne ihn zu kennen.“

 

Valentina:

„Aber irgendwie macht es das auch leichter. Finde ich. Stimmt es, was ich gehört habe?“

 

Roswitha:

„Hier läßt sich doch nichts geheimhalten. Aber sag es bitte wenigstens du nicht weiter. Und ja. Ich bin ziemlich sicher, daß ich weggehe.“

 

Valentina:

„Hat dir der Wegensteiner nichts angeboten? Ich meine. Du bist doch. Na schon! Irgendwie bist du unersetzlich.“

 

Roswitha:

„Mit dem habe ich noch nicht geredet. Und du? Wie wirst du es denn machen?“

 

Valentina:

„Ach. Ich kann bei meinen Eltern bleiben. Das schaffen wir schon.“

 

Roswitha:

„Wann kommt es denn.“

 

Valentina:

„Im Februar. Da ist noch lange Zeit.“

 

Roswitha:

„Ja. Also. Dann sag einmal. Wie siehst du dann das alles.“

 

Valentina:

„Also ich war bei so einem Treffen am Schwarzenbergplatz. Da ist das umrissen worden. Volle Konzentration auf ihn. Und der Slogan. Du weißt schon. Der Slogan sollte ihn halt beschreiben. Aber ich kann da auf nichts kommen.“

 

Roswitha:

„Na ja. Da ist ja nichts. Kann ja auch nichts. Hat der eigentlich etwas gelernt?“

 

Valentina:

„Abgebrochen. Studium abgebrochen. Also Matura. Sonst nichts. Aber es ist auch blöd, als Staatssekretär Prüfungen zu machen. Das kann ich mir schon vorstellen, wie das nicht geht.“

 

Roswitha:

„Sicher. Da hast du wahrscheinlich recht. Aber wenn du denkst, wieviel wir alle studieren. Na gut. Ich habe wiederum gehört, daß so etwas wie die Liste Kurz in Frankreich gar nicht zur Wahl zugelassen wären. Weil es keinen demokratischen Prozess in der Partei gegeben hat.“

 

Valentina:

„Logisch wäre das schon. Ich meine. In einer Demokratie, da sollten nur demokratische Parteien antreten.“

 

Roswitha:

„Mich hat ja gewundert, daß alle diese Partei-Oldies sich nicht gewehrt haben. Da haben sich doch alle gleich auf den Bauch gelegt. Als wären sie nie dagewesen, war das. Ganz so ohne Spur.“

 

Valentina:

„Die hoffen halt alle auf den Abfall vom Erfolg. Der junge Held. Das kennt man doch. Eigentlich ist der ja so eine Art Opfer. Stell dir vor. Das funktioniert nicht. Was macht der dann. Geht der dann auf die Uni? Und. Wie die an die Macht kommen, das ist denen gleich. Denk ich. Und irgendwie. Das Ergebnis gibt ihm ja recht. Bis jetzt.“

 

Roswitha:

„Aber was sagen wir. Wir sollten ein paar Vorschläge haben. Sonst dauert es wieder so lange. Die Sitzung, meine ich. Wir sollten uns ein Beispiel an ihm nehmen. Einfach zuschlagen. Stell dir vor. Wir fordern, daß man unsere Kampagne so nimmt, wie wir sie uns vorstellen. Da möchte ich den Wegensteiner sehen.“

 

Valentina:

„Aber vielleicht nur einen Vorschlag und von dem nicht runtergehen. Ich kann das nicht mehr aushalten, wenn die da so herumsitzen und überlegen. Der Wegensteiner. Wenn der seine Meinung dann dauert ändert. Merken die Kunden denn das wirklich nicht. Aber nein. Denen gefällt das, wenn der Agenturchef sich so prostituiert.“

 

Roswitha:

„Also was sagen wir. »Er ist die einzige Wahl.« Das stimmt ja auch total.“

 

Valentina:

„Kommt drauf an wovon. Ich denke, wenn die einen vorzeigbaren Habsburg gefunden hätten, dann hätten die den genommen.“

 

Roswitha:

„Meine Eltern erinnert das alles an diesen Haider. Nur ohne Nazifamilie. Der hat sich auch so hineinreklamiert. Gegen die liberalen Oldies.“

 

Valentina:

„Liberal ist da nichts. Gut. So genau weiß man das ja alles nicht. Aber er wird bei den ÖVP Vorstellungen bleiben müssen. Was soll er denn sagen? Wir befreien euch von der Arbeiterklasse? Nie wieder die Roten. Die sind ja nicht so aggressiv wie die F-ler.“

 

Roswitha:

„Da hast du recht. Die F-ler. Die wollen selber. Die wollen Hand anlegen und schießen. Das üben die ja auch so richtig. Oder wozu gibt es diese Wehrsportgruppen dann. Die ÖVPler. Die lassen es lieber passieren. Wie die Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lassen und die Helfer kritisieren. Die wollen lieber nichts davon wissen. Aber am Ende. Es ist ein bißchen ähnlich.“

 

Valentina:

„Das glaube ich auch. Die wollen beide nicht von anderen regiert werden. Die wollen nur ihresgleichen. Schönes Wort. Stell dir vor. So ein Plakat, auf dem steht nur »Unseresgleichen«. »Euresgleichen nicht.« Und sonst nichts.“

 

Roswitha.

„Das wäre so richtig »Wiener Gruppe.« “

 

Valentina:

„Und was wäre die Wahrheit? Was sagt man da auf einem Wahlplakat. Hmm?“

 

Roswitha:

„»Wir verachten euch sowieso.«“

 

Valentina:

„Oder. »Es wird Zeit für die Wahrheit. Wir wollen euch alle nicht. Wir wollen unter uns bleiben.«“

 

Roswitha:

„Es ist schon ein bißchen 19. Jahrhundert. Oder. Als wäre Österreich nicht ein funktionierender Staat. Als müßte ein neuer Anfang gemacht werden. Für mich schaut das komisch aus. Aber in Deutschland ist es ja auch nicht so viel besser.“

 

Valentina:

„Ja. Das ist so eine Selbstverleugnung. Mit Österreich. Wenn ich in Chicago ans Gate komme und da sind schon diese Österreicher. Dann möchte ich gleich wieder umdrehen. Und dann stelle ich fest, daß es den meisten auch so geht. Komisch. Oder?“

 

Roswitha:

„Du hast recht. Wir sind nicht freundlich zueinander. Aber warum.“

 

Valentina:
„Ich weiß nicht. Ich fühle mich dann. Also. Aber es ist ganz einfach so, daß ich dann nicht zu dieser Gruppe gehören will. Irgendwie wird da der Kaiser verständlich. Da konnte man sich zu dem rechnen und nicht zur Plebs. Ich glaube, es ist die reine Arroganz. Ich geniere mich ja auch dafür.“

 

Roswitha:

„Du Individualistin. Du. Aber ich glaube so geht es fast allen Nationen. Das ist doch eigentlich normal. Du willst nicht eingestuft werden. Ich möchte auch immer bestimmen, was jemand von mir wissen soll.“

 

Valentina:

„Was war eigentlich so schlimm an diesem Haider.“

 

Roswitha:

„Am schlimmsten finde ich, daß er Österreich als Mißgeburt bezeichnet hat und daß er so stolz darauf war, daß er sich für den Holocaust nie entschuldigt hat.“

 

Valentina:

„Wie soll denn das gehen. Leugnet er den Holocaust oder findet er ihn richtig.“

 

Roswitha:

„Beides. Glaube ich. Aber er hatte so eine monarchische Seite. Er hat allen Leuten 100 Euro geschenkt. In Kärnten. Und das hat gewirkt. Geschenke machen.“

 

Valentina:

„Hier kehrt alles immer zur Monarchie zurück. Heißt das, daß wir eine Prinzenkampagne machen müssen.“

 

Roswitha:

„Ein Pop-Prinz. Und ich glaube, man darf ihn gar nicht so viel sehen. Die Fotos sollten immer andere zeigen und er im Hintergrund. Bescheidenheit ist eine Zier, wenn man selber nichts darstellt.“

 

Valentina:

„Aber fesch ist er schon.“

 

Roswitha:

„Ja. Gerade richtig. Es muß ein bißchen so edel sein. Kühl. So überdeckt. Als wäre ganz viel Temperament dahinter. Kraft. So, er kann quasi den anderen die Bühne lassen. Er braucht die erste Reihe gar nicht. Und erst in der zweiten Welle dann richtig das Bild von ihm.“

 

Valentina:

„Werther-Bilder. Der melancholische Held, der sich opfert. Ein so junger Mann opfert sich für seine Sache und den Staat.“

 

Roswitha:

„Aber. Was ist seine Sache?“

 

Valentina:

„Keine Ahnung. Das will er ja erst bekanntgeben.“

 

Roswitha:

„Ja. Aber die anderen. Die Mitbewerber. Das sind alles Politprofis. Die haben alle Erfahrung und sind in ihren Programmen firm.“

 

Valentina:

„Dann müssen wir eben etwas anderes finden. Generation. Stimmung. Reform. Zeit. Irgend so etwas Abstraktes halt.“

 

Roswitha:

„Wie wird denn das weitergehen mit dir?“

 

Valentina:

„Ach. Das muß ja.“

 

Roswitha:

„Habe ich da richtig gehört. Du hast die Sache beendet?“

 

Valentina:

„Wenn du draufkommen würdest, daß dein ganz persönlicher und über alles geliebter Meinungsforscher gerade dabei ist, sich mit einer anderen zu verloben und du überhaupt nichts weißt von dem allem? Was würdest du tun?“

 

Roswitha:

„Dann habe ich doch alles richtig gehört. Scheiße. Wirklich.“

 

Valentina:

„Ach. Weißt du. Hier. Ich kann das Kind sehr gut allein bekommen. In Wien. Da gibt es alle Unterstützung. Deshalb möchte ich ja, daß sich nichts groß ändert. Hier kann man das alles noch machen. In London könnte ich mir das Kind nicht leisten.“

 

Roswitha:

„Ja. Es geht um die Rahmenbedingungen. Wissen das auch alle?“

 

Valentina:

„Ich habe keine Ahnung. (lacht) Ich habe ja mein persönliches Meinungsforschungsinstitut verloren.“

 

Roswitha:

„Das ist wirklich totale Scheiße. Aber sag einmal. In diesem Zusammenhang. Haben wir schon gesagt. »Er ist der Einzige.« Das ist dann wie aus einer Operette. Und das paßt doch. Keine Wahl lassen. Nicht einmal überlegen. Nur trällern.“

 

Valentina:

„Es wird Zeit.“

 

Roswitha:

„Wow! Ja. Einen Satz aus der läppischen Reihe. »Mir geht es gut.« Ja, finde ich auch. Es wird Zeit für das Mittagessen.“

 

Valentina:

„Und weißt du was. Wir sagen zuerst »Es ist Zeit.« und dann können die das noch ändern auf »Es wird Zeit.« Da hat »die Kunde« sogar noch Mitbestimmung gelernt.“

 

Roswitha:

„Das wird mein letzter Coup hier. Und. Du weißt, daß wir uns einmal genieren werden dafür.“

 

Valentina:

„Wir sind doch nur die kleinen Rädchen.“

 

Beide lachen.

 

Valentina:

„Ach. Weißt du. Da hat doch dieser Mensch von der AfD in Deutschland gesagt, daß sie ein »gäriger Haufen« sind. Ich habe nachgeschaut, was »gärig« heißt.“

 

Roswitha:

„Und?“

 

Valentina:

„Das heißt, durch Gärung verdorben. Verstehst du. Was immer wir machen. Es wird eine Wahrheit daraus. Verstehst du. Der hat das so vor sich hingesagt und das genaue Gegenteil gemeint. Aufgerührt. Im Gärungsprozess. So. Verstehst du. Deshalb mache ich mir keine Sorgen. Lügen gibt es nicht mehr. Man muß es nur deuten können.“

 

Roswitha:

„Jaaa. Da magst du schon recht haben. Ich habe trotzdem kein gutes Gefühl. Auf der anderen Seite. Ich muß mein Geld verdienen. Ich kann keine Revolution machen. Jetzt gerade nicht.“

 

Valentina (ironisch):

„Und ich. Ich kann die Frauen gerade auch nicht befreien. Ich muß das kleine Mäulchen stopfen. – Blöd. Das alles. Was?“

 

Roswitha:

„Das kannst du so sagen.“

 

Vorhang.