Aktuell

14.09.2017

Die letzten Tage der Zweiten Republik. 1. Akt.

Die letzten Tage der Zweiten Republik.

 

Drama in 3 kurzen Akten mit unabsehbaren Folgen.

 

Personen:

Der Markengründermilliardär Harald Kitzgraber.

Der Bankgruppenpräsident Erwin Bauer.

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende Linda Gruber.

 


1. Akt.

                                   Der Entschluß.

In der Luxuslounge eines Luxushotels in einem Luxuswinterort.

Es ist der Abend am ersten Tag des Jahres 2017.

 

Der Markengründermilliardär (trinkt Mineralwasser):

„Na?! Alles gut?! Ihr schaut ganz schön mitgenommen aus.“

 

Der Bankgruppenpräsident (sitzt müde da und schaut sein Glas mit Champagner traurig an):

„Ach! Gib doch Ruh! Wie kann man so zappelig sein. Müde ist auch schön.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende (kommt herein. Sie bleibt einen Augenblick stehen. Schaut sich um. Setzt sich):

„Na? Meine Herren? Das neue Jahr…“

 

Der Markengründermilliardär:

„…hat schon Scheiße angefangen.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Na. Na. Was hat dich denn….“

 

Der Markengründermilliardär:

„… Familie. Familie. Familie.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Das klingt ziemlich normal.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Apropos normal. Wie soll das Ganze weitergehen. Ha?“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Mit deinen Frauen? Das mußt du dir schon selber organisieren. Deshalb bist du doch hier.“ (lacht.)

 

Der Markengründermilliardär:

„Erstens geht es da um die Sandra und das ist meine Tochter. Und zweitens meine ich, es geht um unser Land. Der Van der Bellen hat das gerade noch geschafft. Aber das nächste Mal?“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Ich habe keine Angst vor den Blauen. Die wollen auch alle in die Oper.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Nein. Nein. Da hat der Harald schon recht. Für die Wirtschaft ist das ein Scheiß. Das mit der Autochthonie. Keine billigen Arbeitskräfte mehr. Und ohne Flüchtlinge. Da werden die Unsrigen wieder lethargisch. Dann glauben die grad noch, die sind wer.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Nein. Ich kann so ein deutschnationales Gesocks nicht haben. Nein. Wirklich. Die Blauen. Die sind widerspenstig. Die wollen Aggression. Die wollen Unruhe. Da wird alles unordentlich. Die wollen umrühren. Die wollen Krieg. Das ist an sich nicht schlecht. Aber es ist dann halt schwierig, den Überblick zu behalten.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Aber sie sind gegen die Kammern. Die wollen doch auch die Arbeiterkammer wegrasieren.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Aber die wollen das ersetzen. Die wollen ihr eigenes Selbstbewußtsein haben. Das geht nicht. Da kommt so ein Hofer und regiert einfach. Was soll das werden. Ich will nicht in die Hofburg gehen müssen und darum bitten, mein Geld ausgeben zu dürfen. Die sind nicht…. nicht…. Die sind nicht selbstverständlich österreichisch. Verstehst du? Die sind eben nicht österreichisch. Die sind nicht christlich.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Das stimmt. Die kommen ja eigentlich nicht. Also die bezahlen keine Karte. Denen reichen die Videoübertragungen und das Bierzelt.“

 

Der Bankgruppenpräsident (zum Markengründermilliardär):

„Da schaut es aber dann ziemlich blau aus für dich.“ (lacht.)

 

Der Markengründermilliardär: (Wutanfall.)

„Da sag ich dir jetzt etwas. Es ist ganz einfach: Ich will keine Arbeiterklasse mehr sehen. Bis 2020 will ich keine Arbeiterklasse mehr in Österreich sehen. Das ist doch das, worauf diese Blauen rechnen. Eine Unterklasse, die sich selbstbewußt verhält. Ich will das nicht mehr. Ich will auch keine Mittelschicht. Wenn ich die schon sehe. Diese sozialdemokratischen Lebensmodelle. Ins richtige Lokal gehen und die Kinder in die richtige Schule und alles ist gut. Ich will wieder Ziele. Ich will wieder große Ereignisse. Ich will ein Schicksal für dieses Land. Ich will ein Volk, das zusammenhalten muß. Eine Schicksalsgemeinschaft. Einen gemeinsamen Gott. Und österreichisch soll es sein. Musik und schöne Filme und ein Zusammenhalt gegen die Welt. Und nicht so ein materialistisches Herumgetue vom guten Leben und dann tut sich nichts in dieser Welt. Keine Eroberungen. Keine Siege. Keine Höhepunkte.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Aber. Du weißt schon. Ich muß auch die hinteren Plätze besetzen.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Das ist einfach. Du machst es noch exklusiver und für die anderen hast du doch ohnehin deine Freiluftaufführungen. Da stopfst du noch 10 Busse hinein und die Sache hat sich.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Ja, mein Lieber. Wir übertragen aber alle Aufführungen mit Video. Jeder kann da hingehen. Wir sind total demokratisch.“

 

Der Markengründermilliardär :

„Und da muß ich dir sogar recht geben. Das ist die Demokratie, die ich will. Die kriegen alles und wir treffen die Entscheidungen. Oder laßt du abstimmen, was ihr spielt?“

 

Alle drei lachen.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Ich glaub schon, daß du da etwas triffst. Es fehlt das Schicksal. Es geht allen zu gut. Da ist die Flüchtlingskrise fast ein Geschenk des Himmels. Die nächste Finanzkrise. Ich weiß nicht, ob die da noch einmal die Bankenrettung durchkriegen. Jetzt wissen ja alle, was das kostet.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Das kommt davon, wenn man die Zahlen veröffentlichen muß. Das muß doch niemand wissen.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Aber da gibt es immer welche, die das wissen wollen.“

 

Der Markengründermilliardär (zum Bankgruppenpräsidenten):

„Wie siehst du das. Alles über eine Million. Die können an der Krise verdienen. Alles darunter. Da wird die Staatsgarantie nicht gehalten werden. Ich schätze, die verlieren die Hälfte. Ungefähr.“

 

Der Bankgruppenpräsident (sich räkelnd):

„So ist das. Dafür sparen die Sparer, damit es immer weniger wird. Und mit der Krise ziemlich demnächst…“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Was denn! Seid ihr da so sicher?“

 

Der Bankgruppenpräsident (kindlich erklärend):

„Die Banken. Warum sollen die etwas gelernt haben? Jetzt sind es die Haushaltschulden und nicht der Immobilienmarkt. Das ist doch ein Naturgesetz. Das mit den Krisen und dem Kapital. Da kann man nichts machen. Das weiß doch jedes Kind.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Genau so ist es. Aber jeder muß glauben können, daß er über die Million hinauskommen kann und damit sicher ist. In genau dem Glauben muß man die Leute lassen. Und nicht irgendwelche Vorstellungen, besser als die anderen zu sein. Jeder praktisch ein Aristokrat. Da. Da sehe ich das Chaos und die Revolution. Für mich schaut das alles sowieso nach Arbeiterklasse aus. Das Blaue da. Wenn die glauben, sie sind wer und haben Rechte….“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Aber sag einmal. Du kommst doch selber von da. Wie…“

 

Der Markengründermilliardär (kalt wütend):

„Mittlerweile habe ich genug Geld, das alles zu verachten. Das kann ich mir leisten. Verstehst du. Leisten. Das ist das wichtige Wort.“

 

Der Bankgruppenpräsident (gelangweilt):

„Kannst du uns von deinem Aufsteigersyndrom verschonen? Bitte! Das hilft ja alles nicht. Es laßt sich nichts durchschwindeln. Durch die „parlamentarische Kontrolle“. Nicht leicht. Jedenfalls.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Dann muß man die los werden, die zu viel wissen wollen. Da habe ich es gut. Ich entlasse so jemanden.“

 

Der Markengründermilliardär:

„Wenn das so einfach…. (Geistesblitz) Du hast es. Mein Gott. Du hast es. (Singt “ The rain in spain falls mainly on the plain.“ Er lacht und tanzt. Biegt sich vor lachen.)

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Hast du jetzt den Veitstanz?“

 

Der Markengründermilliardär(atemlos vor Lachen)

„Nein. Kein Veitstanz. Eine Erleuchtung. Eine richtig totale Erleuchtung. Man muß. (Er muß wieder lachen) Es ist ganz einfach. (Wieder lachen) Man muß Österreich wie Festspiele regieren. Nicht wie der Schüssel als Kammer der gewerblichen Wirtschaft. Oder der Vranitzky als Bankfiliale und der Gusenbauer als Beratungsinstitut. Nein. Nein. Nein. Festspiele. Ohne Einmischung. Ohne große Unruhe. Alle sind eingeladen. Alle dürfen da hinkommen. Und was gespielt wird. Das bestimmen wir. Und wir wissen ja auch, was richtig ist. Dann braucht es keine Arbeiterklasse mehr. Und keine Mittelschicht. Dann sind alle Publikum und es wird ja auch alles übertragen. Genial. Einfach genial. (sein Handy läutet.) Und wenn ich da nicht drangehen müßte, würde ich dich küssen. Liebe Linda.

(er geht hinaus.)

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende(spielerisch schmollend) „Dann möchte ich aber wieder Aufsichtsratsvorsitzende sein.“

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Kanst du sein. Kannst du sein. Und du machst es einfach wie bisher.“

 

Der Markengründermilliardär (er kommt zurück. Lächelt. Glücklich.):

„Ha. Sie kommt ja doch. Meine Sandra. Ja! Alles wird gut. Und wißt ihr was? Wir nehmen diesen Kurz.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Diesen jungen Tutter? Das ist nicht dein Ernst?!“

 

Der Bankgruppenpräsident (nachdenklich):

„Na warte. Mit den Blauen. Da hast du recht. Da wird das nicht so einfach. Für die Wirtschaft. Meine ich. Du wirst auch nicht mehr so mit dem Geld rechnen können. Meine Liebe. Die wollen Köpfe rollen sehen und ihre Leute unterbringen. Dann wird das halt ein zweites Bayreuth. Weißt du. Es war doch eh immer die Frage, ob Mozart oder Wagner. Ich bin ja für Mozart. Aber das ist nicht entschieden. Und der Kurz. Der könnte dieses unbestimmt Österreichische wieder hervorholen. Der könnte die ÖVP herumreißen. Untertanen, die sich selber regieren, weil sie es den anderen nicht überlassen wollen. Die sind doch autoritär wie nur. Die Demokratie. Das war doch wirklich eine Zwischenlösung für die meisten. Da könnte so ein unbeschriebenes Blatt….“

 

Der Markengründermilliardär (er textet währenddessen):

„Nein. Wenn ich mir das alles so überlege. Das ist es. Dann haben wir die blauen Kröten weg und es wird wieder unpolitisch. Und in der nächsten Krise. (lacht.) Da müssen sie uns halt vertrauen. Bis dahin sollte das dann die einzige Möglichkeit sein. Wie in alten Zeiten. Das Parlament greint. Und die Regierung regiert. Ich leite das in die Wege.“

Der Bankgruppenpräsident (trinkt sein Glas aus und steht auf):

„Ich bin dabei.“

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende:

„Und ich? Was ist mit mir?“

 

Der Markengründermilliardär geht textend aus dem Raum.

 

Der Bankgruppenpräsident:

„Du wirst Alterspräsidentin.“ (er geht dem Markengründermilliardär nach.)

 

Die Weihefestspielaufsichtsratsvorsitzende bleibt zurück.

 

Vorhang.