Aktuell

24.11.2016

Wahlkampfroman 2016. „So wird das Leben.“ 17. Folge.

Wahlkampfroman 2016.

So wird das Leben.

Siebzehnte Folge.1

Und dann war es wie schon das letzte Mal. Es war zu hören, wie die Tür innen aufgesperrt wurde. Dann passierte lange nichts. Die Klappe des Türspions war zu hören. Die Vroni hatte plötzlich ein komisches Gefühl. Sie war knapp an der Tür gestanden und trat ein paar Schritte zurück. Der Onkel Franz schlug wieder mit der Hand gegen die Tür. Da wurde die Tür aufgerissen. Der Onkel wurde fast umgeworfen. Ein Mann raste geduckt durch die Tür heraus, und die Vroni stand gerade so, daß sie nur den Fuß ausstrecken mußte. Der Mann schien sich fast in der Luft zu überschlagen. Dann schlug er seitlich gegen das Gitter vom Stiegenabsatz, und stürzte von da die Stiegen hinunter.

Einen Augenblick stand die Vroni gelähmt da. Sie war erschrocken über die Wirkung. Hatte sie diese Person nun verletzt. Sie schaute dem Sturz des Manns über die Stiegen hinunter entsetzt zu. Dann aber sah sie, daß es der Mann vom Überfall war und lief ihm die Stiege hinunter nach. Der Mann begann gerade sich aufzurappeln, und die Vroni setzte sich auf seinen Rücken. Sie setzte sich einfach auf den Rücken dieser Person. Sie ließ sich auf diesen Rücken fallen. Zuerst sackte der Mann unter ihrem Gewicht zusammen. Dann begann er zu versuchen, sie abzuschütteln, und die Vroni nahm ihn bei den Haaren und zog seinen Kopf in die Höhe. Der Bursch hatte ziemlich lange Haare. Jedenfalls vorne, an der Stirn waren sie lange genug, sich fest in ihnen zu verkrallen. Ganz kurz und nur einen winzigen Augenblick lang, fiel der Vroni ein, daß ihr eigentlich grauste. Ihr grauste vor diesem Mann und ihn anzugreifen war widerlich. Dann aber kam die Wut zurück und sie mußte sich daran erinnern, daß sie nur mit der linken Hand kräftig genug war, ihn an den Haaren zu zerren, und sie zog gleich noch fester an den Haaren und zog den Kopf des Manns fest ins Genick hoch. Der war schuld, daß sie ihre reche Hand noch immer nicht voll gebrauchen konnte. Der Mann ächzte und begann um sich zu schlagen. Da war aber schon der Onkel Franz da und hielt dem Mann die Arme auf den Boden nieder. „Ist der das denn?“ fragte er, und die Vroni nickte. Sie konnte nichts sagen. Sie mußte die Lippen zusammenpressen und sich selbst schwer machen, um diesen Mann zu bändigen. Fast mußte sie lachen, so warf der Bursche sie hin und her. „Wie auf einem Kamel.“ dachte sie.

Dann war die Frau Fischer da und mit ihr die Mia und der Markus. Die kamen von unten heraufgelaufen.

Es war gar nicht so leicht, diesen Mann dingfest zu machen. Die Vroni konnte erst wieder aufstehen, nachdem der Onkel Franz den einen Arm und der Markus den anderen Arm festhielten. Der Markus kniete sich auf die Schulter, und die Vroni richtete sich auf. Sie zog aber weiter an den Haaren, und der Mann hatte zu wimmern begonnen.

Da hatte die Vroni mit einem Mal den Impuls, ihn noch fester an den Haaren zu ziehen oder ihn gleich an den Haaren über den Boden zu schleifen. Sie hätte schreien und aufstampfen mögen und diesem Mann ins Gesicht treten. Einen Moment war sie außer sich vor Haß. Dann ließ sie den Mann los und der Onkel Franz und der Markus schliffen den Mann in die Wohnung vom Chrobath zurück und alle gingen ihnen nach.

Gleich nach rechts stand die Tür zum Balkonzimmer offen. Wie beim Onkel Franz im Stock darüber war das auch hier das Wohnzimmer. Aber im Wohnzimmer vom Dr. Chrobath schaute es aus wie in einem Museum. Auf barocken Tischen und Kommoden standen Uhren aller Art. Die Wände waren dunkelgrün gestrichen und graue Brokatvorhänge umrahmten den Ausgang zum Balkon.

Dr. Chrobath saß in einem dunkelblau überzogenen Lehnstuhl. Er grinste alle an. „Hast du es wieder nicht geschafft. Was?“ sagte er. Der junge Mann machte wieder einen Versuch sich loszureißen. Der Onkel Franz und Markus hielten ihn fest, und sie stießen in dem Gerangel fast an einem der Tische mit den Uhren an. „Hö. Hö.“ rief Chrobath. „Hö. Das machst du mir nicht. Meine Uhren in Gefahr bringen.“ Dann wandte Dr. Chrobath sich an den Onkel Franz. „Das ist unserf Alfie.“ Chrobath grinste den jungen Mann an. „Wir haben ihn Alfie nach Alf genannt. Sie erinnern sich. Diese Serie aus den 80ern. Und wer aufgepaßt hat, der weiß, daß Alf von Alien Life Form kommt. Jetzt ist der Sven nicht vom Planeten Melmack gekommen, sondern aus der Transgenderei. Zuerst hat der Sven ja Pantherus geheißen, aber dann sind wir draufgekommen und haben ihn umgespitzt.“ Die Vroni schüttelte den Kopf. „Das heißt umbenennen. Bei uns.“ sagte Chrobath. Die Vroni schaute verständnislos. „Bei uns Männern von den Burschenschaften.“ setzte Chrobath nach. Er machte eine Pause. Er wirkte sehr angegriffen. Er hatte Anstalten gemacht aufzustehen, aber dann hatte er sich wieder in den Sessel zurücksinken lassen.

„Sie meinen, dieser Mann ist….“ Die Vroni konnte nicht weiterreden. Der alte Mann grinste. Der junge Mann machte einen Schritt auf den alten Mann zu. Er riß den Onkel Franz und Markus mit sich. Dann spukte er dem Dr. Chrobath ins Gesicht. „Ihr könnt mich zur Polizei bringen.“ sagte er dann und wandte sich von Chrobath ab. „Wenn das hier alles das bedeutet, was ich vermute, dann sind Sie ja wirklich ein richtiges Butzerl.“ sagte Frau Fischer zu Chrobath und ging davon. „Arschloch.“ sagte die Mia und lief ihrer Mutter nach.

Chrobath hatte ein Taschentuch aus seinem Morgenmantel geholt und wischte sich die Spuke vom Gesicht. Er schüttelte den Kopf. Aber er grinste zufrieden. Die Vroni war entsetzt. Sie hätte diesem Mann auch gleich ins Gesicht spuken können. Wieder hatte sie diese Aufwallung von Haß und wünschte sich, diesen Mann schlagen zu können. Sie blieb aber ruhig und ging hinter den drei Männern aus der Wohnung hinaus. „Schmeißts mir die Tür zu.“ rief der Chrobath ihnen nach. Die Vroni ging still hinter den anderen die Stiegen hinauf. Sie ließ die Wohnungstür weit offen stehen. Dann drehte sie doch um und warf die Tür zu. Dieser Mann gehörte eingesperrt.

Oben hielt Frau Fischer ihre Wohnungstür auf und alle drängelten sich in ihr Wohnzimmer.

Bei der Frau Fischer waren die Zimmer groß und hell und die Küche war ins Wohnzimmer eingebaut. Bei ihr war alles weiß und apfelgrün und die Sitzecke hellgrauer Filz. Die Vroni atmete auf und ließ sich auf das Sofa fallen.

„Was machen wir jetzt?“ fragte Markus. Jetzt erst bemerkte die Vroni wie fest er diesen Sven im Griff hatte. „Wir hätten dich heute ohnehin angezeigt.“ sagte die Mia zu Sven. Der stand da und ließ den Kopf hängen. Dann zuckte er mit den Achseln, und Markus verbog ihm gleich den Arm den Rücken hinauf. „Komm. Komm.“ sagte der Onkel Franz. „Wir lassen Sie jetzt los und Sie setzen sich in diesen Sessel.“ Markus und der Onkel Franz führten Sven zu einem der Feauteuils und setzten ihn hin. Markus stellte sich neben den Sessel. Er war drohend über Sven gebeugt. Dann holte der Onkel sein Handy aus der Tasche und machte ein Foto von Sven. Der wollte sich nicht fotografieren lassen und Markus packte ihn wieder an den Haaren und zwang ihn, sich fotografieren zu lassen. Sven verzerrte sein Gesicht und der Onkel Franz mußte lachen. Dann lachten alle, und sogar Sven mußte mitlachen. Da bekam der Onkel dann ein klares Bild von ihm und setzte sich gegenüber von Sven nieder.

„Ich rufe jetzt die Polizei an und bis die kommen, können Sie uns noch alles erzählen.“ sagte er, aber er rief nicht an.

„Das war alles Erpressung.“ sagte Sven. Er hatte sich vorgelehnt und schaute vor sich auf den Boden. „Das war Erpressung.“ Die Vroni ging zum Fenster und schaute hinaus. Der Onkel Franz stand auch auf und stellte sich neben sie. „Dann hätten sie halt eine Anzeige machen müssen.“ sagte Frau Fischer. Die Mia setzte sich aufs Sofa und schaute böse. „Das können Sie so sagen.“ sagte Sven. „Was machen Sie, wenn Sie zu einem Psychiater gehen wegen des Problems und der ist ein Bundesbruder von diesem Alten da und so kommt der an meinen Akt. Was machen Sie da?“ Sven setzte sich auf und starrte alle der Reihe nach an. „Was machst du da?“ fragte er noch einmal. „Ich wollte nur eine Psychotherapie und die Krankenkassa zahlt erst, wenn so ein Gutachten vorliegt. Das war alles. Ich weiß gar nicht, was ich machen will. Ich dachte. Na ja. Das ist ja jetzt gleichgültig.“

Er schwieg. Alle blieben stumm. Die Vroni verstand nicht ganz, was das Problem dieses jungen Mannes war. War der schwul oder was? Aber war das ein Problem? Oder war der transsexuell?

„Aber das sind doch gleich mehrere Delikte.“ rief Frau Fischer. Dann stellte sie sich zu Vroni und Onkel Franz ans Fenster.

„Na ja.“ sagte sie. „Wenn Ihr Kollege Höflein die Wahl gewinnt, dann brauchen Sie keine Gutachten mehr. Da werden Sie als Mann genommen und da gibt es keine Spompanadln mit dem Geschlecht. Da geht es dann wieder um die Familie als die Keimzelle des Volkskörpers und da müssen Sie Ihre Geschlechterrolle spielen. Ja. Ja. Da bleibt ein Mann ein Mann und zeugt die Kinder und bestimmt. Die Frau bekommt die vielen Kinder, die der Mann vor sich hinzeugt. Und die Kinder kriegen wieder die Watschn, weil das einfach so ist. Wer weiß, vielleicht ist so eine autochthone Watschn dann ja auch die einzige Möglichkeit.“ Der Onkel Franz nickte Frau Fischer zu. Er wollte gerade den jungen Mann etwas fragen. Da läutete es. Sven sprang auf. Er klammerte sich an Markus. „Rette mich!“ rief er. „Rettet mich!“ Jemand klopfte an der Tür. „Polizei! Wir haben einen Notruf von hier. Hallo? Polizei!“

Frau Fischer ging zur Tür und schloß auf.

1.Diese Folge ist den türkischen Mädchen stellvertretend für alle Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt gewidmet, die patriarchaler Brutalität von Staatsseite ausgesetzt sind.